Bericht über den Hilfsgüter-Transport im Oktober 2022

Hilfsgüter-Transport 8.10. – 21.10.2022

Aktuelle Situation in Winnyzja und Bar/Zentral-Ukraine

Nach wie vor ist die Lage in der Ukraine angespannt. Die Auswirkungen des nun schon mehrere Monate andauernden Krieges sind überall spürbar. Nach dem Raketenangriff auf das Stadtzentrum von Winnyzja Mitte Juli mit vielen Opfern unter der Zivilbevölkerung und den verstärkten Luftangriffen auf viele Städte in der Ukraine in der Woche ab 10.10.2022 ist auch der Krieg in Winnyzja deutlich spürbar. Auch während meines Aufenthaltes wurden mehrere  Kamikaze-Drohnen über der Stadt von der Luftabwehr abgeschossen. Der Luftallarm, der mehrmals am Tag und während der Nacht den Alltag der Menschen dort  prägt, wird nun auch in Winnyzja sehr ernst genommen .  Die Zahl von Schwerverletzten aus der umkämpften Ost-Ukraine, die in den Krankenhäusern der Stadt endversorgt werden, ist wieder deutlich gestiegen.

Weiterhin halten sich 170.000 Flüchtlinge dauerhaft in der Region Winnyzja auf und warten auf das Ende des Krieges und die Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren. Da die Männer an der Front eingesetzt sind, halten sich hauptsächlich geflüchtete Frauen und Kinder (über 50%) in der Region auf und müssen mit allem lebensnotwendigen versorgt werden.

Am 5.10.22 und 10.10.22 gingen diesmal 2 vollgeladene  Lkw mit 30 Tonnen an Hilfsgütern von Lüneburg auf die Reise und wurden am 11.10.22 und 13.10.22 in meiner Anwesenheit im Logistik-Zentrum von Winnyzja entladen und weiter an die verschiedenen Empfänger verteilt.

Reise ins Gebiet um Cherson/Ost-Ukraine

Am 18.-19.10.22 erfolgte eine Fahrt in das Frontgebiet um die Stadt Cherson mit dem Ziel, die Situation der Menschen in dieser vom Krieg schwer betroffenen Region kennen zu lernen und den aktuellen Bedarf an humanitärer Hilfe und die Möglichkeiten der Verteilung vor Ort zu besprechen. Nach 8-stündiger Fahrt über zuletzt sehr schlechte Straßen gelangten wir in das ehemalige Frontgebiet in der Region Cherson. Die meisten Häuser der besuchten Dörfer waren schwer beschädigt und die Landschaft vom Krieg gezeichnet. Kühe, die in Minenfelder gelaufen waren, lagen tot auf den Wiesen und das Land war von Einschlagtrichtern der Raketenangriffe übersät, insgesamt eine gespenstische Szenerie…

Fazit der Reise nach Cherson

Die Entfernung von unserem bisherigen Versorgungsschwerpunkt Winnyzja ist mit 800 km sehr groß und die Straßen-Verhältnisse sind auf den letzten 50 km für größere Lkw nur schwer befahrbar. Die meisten Menschen haben die Region verlassen und befinden sich als Binnenflüchtlinge in den von der Front weiter entfernten Gebieten der Ukraine, die ihnen eine relative Sicherheit bieten, wo sie versorgt werden müssen. Die Menschen, die sich noch im Gebiet Cherson aufhalten, werden von lokalen ukrainischen Hilfsorganisationen versorgt, die wiederum von Institutionen und Organisationen z. B. von der Region Winnyzja/Zentral-Ukraine versorgt werden.

So kommen wir als Ergebnis unseres Besuches in der Region Cherson zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Entfernung für direkte Hilfslieferungen in die Region Cherson ist zu weit, die Verkehrswege schwierig und eine direkte Versorgung somit nicht sinnvoll möglich.
  • Der größte Teil der zivilen Bevölkerung der Region Cherson befindet sich zur Zeit in anderen Gebieten in der Ukraine und muss dort sowohl humanitär als auch medizinisch versorgt werden.
  • Unser bisheriger Schwerpunkt in der Versorgung der Ukraine mit Hilfsgütern in Winnyzja Stadt und Region hat sich bewährt, da hier sowohl humanitäre Versorgung als auch medzin. Versorgung einer großen Anzahl von Flüchtlingen, u.a. aus der Region Cherson, organisiert wird.
  • Eine sinnvolle Versorgung der verbliebenen Menschen in den östlichen umkämpften Gebieten der Ukraine ist nur durch örtliche Kräfte möglich. Damit ist eine Unterstützung der diese örtlichen Organisationen versorgenden Strukturen im Hinterland sinnvoller und wesentlich effektiver.
  • Aufgrund der unberechenbaren Gefahrenlage im Gebiet um Cherson und ähnlichen Regionen in der Ost-Ukraine erscheinen Einsätze aufgrund einer erhöhten Gefährdung im Einsatz nicht verantwortbar und sinnvoll.
  • Die Unterstützung der Ukraine mit humanitären Hilfstransporten aus Lüneburg sollte auch in Zukunft über die bisher bewährten Strukturen und Personen in Winnyzja durchgeführt werden. Damit wird auch zukünftig ein effektiver Einsatz der Hilfsgüter mit maximalem Nutzen für die Menschen in der Ukraine zu gewährleisten sein.

Wir danken der Kommandantur der ukrainischen Streitkräfte im Gebiet Cherson für Begleitung und Sicherheit während unseres Aufenthaltes im Frontgebiet.

Kind im Ukraine Krieg

Die Ladung (insges. 30 Tonnen)

  1. 31 doppelt gestapelte Euro-Paletten Nougat-Pellets und 1 Palette Honig-Müsli vom DeVauGe Lüneburg,
  2. 5000 Dosen Hering in Tomaten-Sauce, Firma Appel
  3. 6000 Fertiggerichte,  Firma Appel
  4. 3 Euro-Paletten mit Lebensmittel-Paketen von Schulen aus Bleckede und Lüneburg,
  5. 200 Umzugs- Kartons mit Winterkleidung, Schlafsäcken, Decken aus der Kleidersammlung Hof Schlüter vom September und Anfang Oktober 2022
  6. 2 Ultraschallgeräte für Pyrogova-Krankenhaus Winnyzja,
  7. 1 Ultraschallgerät und medizin. Gerät für Kreiskrankenhaus Bar/Region Winnyzja
  8. 1 Tablet und Software zur Stressmessung des vegetat. Nervensystems für medizin. Fakultät der Universität Winnyzja
  9. 12 Kartons deutsche Bücher für Stadt-Bibliothek Winnyzja (LüneBuch Lüneburg)
  10. 8 Europaletten an Lebensmitteln der Matthäus-Gemeinde in Lüneburg  für Flüchtlinge in Kiew

Erläuterung/Dank

zu 1.

Dank Vermittlung durch Andre Novotny und die Stiftung Hof Schlüter in Lüneburg konnten wir eine große Menge Nougat-Pellets zu einem besonders günstigen Preis kaufen. Herzlichen Dank an alle Beteiligten.

zu 2. Und 3.

Dank der Unterstützung der Firma Appel, Cuxhaven, konnten wir Fischkonserven und Fertiggerichte in grösserer Menge zu einem sehr günstigen Preis einkaufen.

Durch eine großzügige Spende des Vereins „Step by Step“  aus Münster konnten wir die Kosten für 6000 Fertiggerichte decken.                  

Herzlichen Dank an Christian Stock und den Verein „Step by Step“ aus Münster.

Herzlichen Dank an die Firma Appel und Herrn Broschart nach Cuxhaven.

zu 4.

Aus der 3. Lebensmittel-Paket-Aktion von Schulen aus Bleckede und Lüneburg konnten wieder viele Pakete mit haltbaren Lebensmitteln für Flüchtlingsfamilien nach Winnyzja mitgenommen werden und haben dort wieder grosse Freude ausgelöst. Auch die enthaltenen Briefe der Kinder wurden mit Dankbarkeit und Rührung zur Kenntnis genommen.

Allen Kindern, Eltern und Lehrern der beteiligten Schulen unser herzlicher Dank. Dank auch den Mitstreitern vom „Aktionsbündnis Ukraine-Hilfe“ aus Bleckede für die tatkräftige Unterstützung beim Einsammeln der Pakete.

zu 5.

Nach dem Artikel und Aufruf in der Lünepost und dem Artikel in der LZ über die Aktion der Stiftung Hof Schlüter und LHU e.V. brachten viele Menschen aus Lüneburg und Umgebung eine große Menge an Winterkleidung, Schlafsäcke, warme Decken usw.  zum Hof Schlüter. Diese wurden dann dort sortiert, verpackt und beschriftet (Ergebnis: 200 Umzugs-Kartons !).

Der Stiftung Hof Schlüter, den beteiligten Flüchtlingen und den Landfrauen aus Brackede danken wir für die großartige Arbeit, diese großen Mengen an Kleidung etc. zu bewältigen, zu sortieren und transportfähig zu machen. Ebenso danken wir allen ganz herzlich, die uns spontan nach Abgabe ihrer Kleiderspende beim weiteren sortieren und verpacken geholfen haben.

Herzlichen Dank auch an die Redaktion Lünepost und LZ für die Unterstützung durch die Zeitungs-Artikel.

zu 6. Und 7.

Für das Pyrogova-Krankenhaus und das Krankenhaus in Bar wurde angefordertes medizin. Gerät übergeben. Da in den Krankenhäusern der Region Winnyzja ein großer Teil der Schwerverletzten aus den Frontgebieten endversorgt wird, sind die gelieferten Geräte eine wichtige Unterstützung in

der medizin. Versorgung der Patienten und lösten daher auch große Freude und Dankbarkeit aus. Die Geräte werden zur besseren Versorgung der Patienten besonders auf den Intensiv-Stationen benötigt zur Diagnostik und Verlaufskontrolle der Behandlung, z.B um schwerere innere Blutungen rechtzeitig zu erkennen und durch den Einsatz direkt am Krankenbett riskante und belastende Transporte zur Diagnostik innerhalb des Krankenhauses zu vermeiden.

Herzlichen Dank an Dimitri Rokschanski und die Firma Abken Medizintechnik  aus Wunstorf für die günstigen Beschaffungspreise und die fachliche Beratung und Unterstützung bei der Auswahl der Geräte.

zu 8.

Der medizin. Fakultät der Universität Winnyzja wurde ein Gerät zur nicht-invasiven Messung des vegetat. Nervensystem übergeben. Nach Erläuterung und Demonstration wird dieses moderne Diagnostiksystem zur Analyse des Stresslevels bei Patienten eingesetzt werden.                                                                    Die leitenden Professoren der Fakultät bedankten sich herzlich für diese Erweiterung der diagnostischen Möglichkeiten. Sogleich begann eine Diskussion über die Einsatzmöglichkeiten in der Grundlagenforschung für Stressbelastungen unter Kriegsbedingungen, Antistress—Training bei Verletzten und eine Untersuchung der Beschleunigung von Wundheilung und Verminderung des Infektionsrisikos bei größeren Wunden durch gezielte Vagus-Stimulation. Eine Diskussion der Ergebnisse und Einsatzmöglichkeiten wurde für den nächsten im Dezember geplanten Besuch verabredet.

Herzlichen Dank an die Familie Gorsolke und die Firma Commit für die befristete Überlassung der notwendigen Software.

zu 9.

Große Freude löste die Sendung von 12 Kartons mit deutschsprachigen Büchern von der Buchhandlung LüneBuch aus Lüneburg aus. Sie werden der Bevölkerung in der „deutschen Abteilung“ der Stadt-Bibliothek zur Verfügung gestellt werden.

Herzlichen Dank an Frau Anderle und die Geschäftsleitung von LüneBuch Lüneburg für die umfangreiche Spende auch im Namen der Mitarbeiter der Stadt-Bibliothek Winnyzja und der zukünftigen Leser.

zu 10.:

Von der Matthäus-Gemeinde wurden 8 Euro-Paletten mit Lebensmittel für ihre Partner in Kiew mitgenommen und nach Kiew weitergeleitet.

Herzlichen Dank an die Matthäus-Gemeinde Lüneburg für die Beteiligung an den Transportkosten.

Fazit Hilfsgüter

Die Unterstützung der Region Winnyzja durch unsere Hilfsgüter-Transporte läuft weiter auf einem hohen Niveau, dank Ihrer Hilfe. Die Konzentration auf den bisherigen Zielort Region Winnyzja sollte beibehalten werden.

Bisher wurden in 8 begleiteten Transporten (10 Lkw) 145 Tonnen an Hilfsgütern im Gesamtwert von ca. € 919.000.- transportiert.

Die benefit-ratio beträgt zur Zeit in toto ca. 1 zu 7 (1Euro Spende = 7 Euro Warenwert an transportierten Hilfsgütern).

Kooperationsprojekte/Partnerschaften

Mehrere bei den letzten Aufenthalten angestoßene Projekte befinden sich in der weiteren Entwicklung:

Partnerschaften Schulen

Die Partnerschaften zwischen dem Gymnasium Bleckede und Gymnasium in Bar/Region Winnyzja sowie zwischen Elbtal-Grundschule Bar entwickeln sich. Von der Theatergruppe des Gymnasiums Bleckede wurden die Einnahmen von € 1000.- für die Theatergruppe des Gymnasiums Bar übergeben, ebenso ein großer TV-Bildschirm. Die Kontakte zwischen den Grundschulen entwickeln sich ebenfalls.

Partnerschaft Klinikum Lüneburg und HGZ Bad Bevensen mit Pyrogova-Krankenhaus Winnyzja und Kreiskrankenhaus Bar

Für die Krankenhäuser wurde von unseren Kliniken medzin. Gerät gespendet und übergeben. Die Belegschaft des Klinikum Lüneburg hat zudem in einer Spendenaktion der Mitarbeiter € 10.000.- gesammelt, die bei unserem nächsten Transport im Dezember nach Absprache für den Kauf von medizin. Gerät und medzin. Bedarfsmaterial für die Partner-Krankenhäuser in der Region Winnyzja eingesetzt werden sollen.

Partnerschaft Berufsschule für Landwirtschaft in Lüneburg und Bar/Region Winnyzja

Bei dem Besuch der Landwirtschaftsschule in Bar wurde ein Konzept-Vorschlag für eine auf die Zukunft ausgerichtete Partnerschaft zwischen beiden Schulen erstellt, die der Landwirtschaftsschule Lüneburg zugeleitet wird. In ersten Schritten ist der Besuch einer Delegation aus Schülern und Lehrern der Schule in Bar im Frühjahr 2023 geplant. Hier sollen dann gemeinsame Projekte besprochen werden wie Entwicklung einer Bio-Landwirtschaft nach EU-Standards, Pilot-Projekt „Aufbau einer Highländer-Herde“  unter Bio-Bedingungen nach EU-Norm u.a.m..

Partnerschaft Berufsschule für Automobil-Handwerk Lüneburg und Bar/Region Winnyzja

Bei dem Besuch in der Berufsschule für Automobil-Handwerk in Bar wurden erste Schritte einer Weiterentwicklung der Partnerschaft zwischen den Schulen besprochen. Ein Besuch einer Delegation von Schülern und Lehrern wird im kommenden Jahr von ukrainischer Seite für möglich gehalten.                       

Der Vorschlag für ein Kooperationsprojekt zwischen der Volkswagen AG in Wolfsburg, der techn. Universität Winnyzja und den Berufsschulen liegt zur Entscheidung beim Vorstand der Volkswagen AG. Eine Entscheidung wird noch in diesem Jahr erwartet.

Zur Vorbereitung  weiterer Schritte und gemeinsamer Projekte  der Partnerschaft wurde der Besuch des Direktors der Berufsschule in Bar in Lüneburg für die letzte Oktober-Woche d.J. vereinbart und vorbereitet.

Projekt „Stressmanagement“ mit medizin. Fakultät der Universität Winnyzja

Mit der medizin. Fakultät der Universität wurde eine Zusammenarbeit in der Stressforschung und Anwendung von Stressmanagement-Techniken in der Patienten-Behandlung vereinbart.

Fazit der Entwicklung von Partnerschaften

Nachdem die Regionaldirektion der Region Winnyzja bei meinem letzten Besuch im Juli diesen Jahres die Bitte geäußert hatte, zukunftsträchtige Projekte und die Entwicklung von Partnerschaften  ins Leben zu rufen, haben wir einige Projekt-Ideen entwickelt und Partnerschaften angestoßen im Bereich Schule, Krankenhäuser, Landwirtschaft, Automobil-Handwerk/-Produktion und medzin. Wissenschaft.

Die aktive Beteiligung der jeweiligen Partner lässt auf eine gute und spannende Weiterentwicklung hoffen, die über die gegenwärtige Hilfe in Zeiten des Krieges in der Ukrainehinaus weist und  Hoffnung erzeugt für eine gemeinsame friedliche Zukunft und Zusammenarbeit in gegenseitiger Unterstützung und Freundschaft. Hierbei gibt das besonders  das vielseitige Engagement unserer Kinder und Schulen Hoffnung auf eine gute gemeinsame Zukunft auch für die kommenden Generationen.

Unser besonderer Dank für die Unterstützung unseres letzten Transportes geht an:

  • Andre Novotny, Walter Beck, Mykola Dashkevych, Stiftung Hof Schlüter, Lüneburg
  • Aktionsbündnis Ukraine-Soforthilfe, Bürgerverein Bleckede
  • Oldtimer-Freunde „Elbtalaue“ Bleckede e.V
  • Christiane Ramm, Landfrauen Brackede
  • DeVauGe, Lüneburg
  • Herrn Broschart, Firma Appel, Cuxhaven
  • Kindern und Eltern der Schulen aus Bleckede und Lüneburg
  • Frau Anderle, LüneBuch aus Lüneburg
  • Familie Dr. Gert Maichel, Matthäus-Gemeinde Lüneburg
  • Werner Kolbe, Landeszeitung Lüneburg
  • Redaktion Lünepost, Lüneburg
  • Dr. Moormann u. Prof. Kuchrzik, Klinikum Lüneburg
  • Prof. Weiss, Rotarier Club Lüneburg
  • Fam. Beate Bodendorf, Webwork Bleckede
  • Fam. Sabrina Peters, textda Lüneburg