Bericht über den Hilfsgüter-Transport im Mai 2022

Hilfsgüter-Transport vom 2. -7. Mai 2022

Liebe Freunde und Unterstützer unserer Arbeit für die Menschen in der Ukraine, nach einer Arbeits- und Erlebnis-intensiven Woche in Winnyzja bin ich wohlbehalten wieder zurück. Hier ist mein Bericht über unseren 4. Hilfstransport nach Winnyzja:

Wieder einmal erwies sich unsere Präsenz vor Ort als wichtig. Das Ergebnis unserer Arbeit ist abhängig von den persönlichen Kontakten und Kenntnis der jeweils aktuellen Situation und des momentanen Bedarfs. Da die Situation sich täglich ändert, ist eine schnelle Reaktion im ständigen Kontakt und Austausch für eine wirkungsvolle Hilfe notwendig. Dies tun wir.

Aktuelle Situation Krankenhäuser:

Sowohl im Pirogova-Krankenhaus als auch in den übrigen Krankenhäusern von Winnyzja herrscht seit Kriegsbeginn im Februar rund um die Uhr Hochbetrieb bis zur Erschöpfung aller Beteiligten. Die Situation hat sich weiter verschärft. Bis zu 50 meist schwer Verletzte müssen täglich versorgt werden, die bereits erweiterten Op-Kapazitäten sind vollständig ausgelastet – und das rund um die Uhr an 7 Tagen in der Woche. Besonders Material zur modernen Wundversorgung ist knapp und wird dringlich angefordert. Ebenfalls wir für die traumatolog. Abteilung dringend ein mobiles Ultraschall-Gerät benötigt, da viele schwerverletzte Patienten nicht zur notwendigen Diagnostik transportfähig sind. Eine kontinuierliche sonographische Verlaufsbeurteilung ist jedoch für den richtigen Zeitpunkt einer Intervention (z.B. bei Nachblutungen und Hämatom-Entwicklung) oft lebensentscheidend.

Der Haupt-Sterilisator ist wegen eines Kabelbrandes praktisch zerstört, die ,,Wiederbelebungs-Versuche“ der Techniker sind aussichtslos:

Fotos: Gruppen-Foto mit Dr. Andrii Formanchuk (Chirurg), Schwester Anja (leitende Op-Schwester) und Alexander (Haustechnik), Sterilisator des Pyrogova-Krankenhauses in Winnyzja nach Kabelbrand durch Überlastung

Hilfe in Planung:

Die gerade ins Leben gerufene Partnerschaft zwischen dem Pirogava-Krankenhaus und dem Herz- u. Gefäss-Zentrum Bad Bevensen sowie dem Klinikum Lüneburg füllt sich schnell mit Leben. Am Donnerstag fand der erste direkte telefonische Kontakt zwischen Chefarzt Dr. Nolte (HGZ Bad Bevensen, Abt. für Gefäss-Chirurgie) und dem Ärztlichen Direktor des Pirogova-Krankenhauses, Prof. Alexander, statt.

Dr. Nolte und das HGZ stellen für den nächsten Transport Anfang Juni 2022 insgesamt 6 Op-Überwachungs-Einheiten sowie einen kompletten Narkose-Arbeitsplatz (alles Firma Dräger, mit der Pirogova schon teilweise ausgestattet und vertraut ist) sowie dringend benötigte Narkosemittel als Spende zur Verfügung. Die Ankündigung löste große Freude aus.

Des weiteren laufen Bemühungen des HGZ, beim Kauf eines Großraum-Sterilisators behilflich zu sein. Wir werden uns bemühen, den Kaufpreis von ca. € 15.000.- über Spendengelder zu beschaffen. Des weiteren werden ca. € 5.000.- für das mobile Sonographie-Gerät für die traumatolog. Abteilung des Pirogova-Krankenhauses benötigt.

Mit der Firma „3M“ laufen momentan Verhandlungen über größere Mengen von Verbandsmaterial zur modernen Wundversorgung (VAC-Therapie). Eine komplette Palette mit 3M-Material konnten wir bereits mit dem letrzten Transport zur Verfügung stellen, 3 Vakuum-Pumpen a € 3500.- sind für den nächsten Transport bereits bereitgestellt. Wir hoffen, dass 3M sich wieder mit einem Rabatt und einer Material-Zugabe beteiligen wird.

Trotzdem werden wir hierzu weitere Spendengelder benötigen.

Momentan arbeiten wir an der Genehmigung des ersten Hospitations-Besuches eines Kollegen der kardio-chirurg. Abteilung des Pirogova-Krankenhauses im HGZ Bad Bevensen. Da Ukrainer im Alter unter 60 Jahren kriegsbedingt das Land nicht verlassen dürfen, benötigen wir hierfür eine Ausnahme-Genehmigung der staatl. Behörden.

Aktuelle Situation der Flüchtlingsversorgung:

In der Stadt Winnyzja (400.000 Einwohner) halten sich zur Zeit ca. 50.000 Flüchtlinge auf, die von der Stadt mit allem lebensnotwendigen versorgt werden müssen. Hierbei ist die Stadt dringend auf Hilfe von aussen angewiesen. Lebensmittel sind knapp geworden. War das zentral-Lager der Stadt im Logistik-Zentrum bei unserem letzten Besuch im April noch mäßig gefüllt, so war die große Lagerhalle jetzt deutlich geleert.

An der Eingangstür zum Flüchtlings-Zentrum „Diana“ der freiwilligen Helfer, das täglich 200- 300 Flüchtlinge versorgt, hängt momentan ein Zettel „No food today“. Auch im Flüchtlings-Zentrum „Quadrat“, eigentlich die Jugend-Herberge der Stadt, wird dringend Material benötigt, mit dem „survival kids“ für die an der Front befindlichen Soldaten gepackt werden. Auch im Flüchtlings-zentrum der Adventisten-Gemeinde in Winnyzja, das sich besonders um die traumatisierten Flüchtlings-Kinder kümmert und täglich 300 Flüchtlinge (hauptsächlich Mütter mit Kindern) versorgt, benötigt dringend Unterstützung.

Laufende Hilfe:

Mit an Bord waren 33 Euro-Paletten mit Lebensmitteln und Medikamenten für die Flüchtlingsversorgung im Verkaufswert von ca.€ 40.000.- (Dank der Unterstützung vom Handelshof Lüneburg Einkauf aus Spendengeldern für nur€ 23.000.-). Unter Aufsicht des Magistrats der Stadt erfolgte erneut reibungslos die Verteilung der Ladung (=36 Euro-Paletten = 20 Tonnen an Hilfsgütern = Verkaufswert€ ca. € 150.000.-= Spenden-Einsatz€ 75.000.-) auf die bereitgestellten Klein-Lastwagen der Flüchtlingszentren und das Lager der Stadt für die Großküche, die Flüchtlinge täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Der Zettel an der Eingangstür vom „Diana-Flüchtlings-Zentrum“ wird damit wohl für einige Tage nicht benötigt werden …

Großes Lob von Sergej vom Magistrat der Stadt kam wiederum für die Qualität der gelieferten Waren und die vorbildliche Beschriftung über den jeweiligen Inhalt in englischer und ukrainischer Sprache. Gern reiche ich den Dank für die geleistete gute Arbeit hiermit an meine Frau Sylvia und unsere „Verpackungs-Abteilung“ weiter …

Für die Flüchtlingskinder übergaben wir den ersten Teil der Ausstattung für 50 Kinder für das geplante „Sommercamp“ (12 Zelte, Schlafsäcke. lso-Matten, Teller u. Essbesteck) an das Flüchtlingszentrum der Adventisten-Gemeinde Winnyzja, was bei allen Beteiligten große Freude auslöste. Sie lassen ganz herzlichen Dank ausrichten an die Brüder König und die Mannschaft von Trekking-König in Lüneburg, auch im Namen der vielen Kinder, denen dadurch etwas Ablenkung vom Krieg und den Folgen ihrer Flucht ermöglicht werden wird.

Der zweite Teil der Ausrüstung ist bereits von Trekking-König bereitgestellt und wird mit dem nächsten Transport mit gehen.

Große Freude konnten wir auch bei Natalja, der Leiterin der „Jugendherberge“, jetzt Flüchtlingszentrum „Quadrat“, feststellen, die Lebensmittel und weitere Ausstattung für die „survival kids“ erhielt. Eine Liste der wichtigsten „Topten“ für diese „Überlebenspakete“ habe ich in Auftrag gegeben und werde alles daran setzen, die Arbeit der vielen freiwilligen Helfer von „Quadrat“ weiter wirkungsvoll bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Auch hier wird praktisch ohne Pause „rund um die Uhr“ gearbeitet.

Magistrat der Stadt Winnyzia:

Wir stehen in gutem und regelmäßigem Kontakt mit dem Magistrat der Stadt und stimmen die Inhalte unserer Arbeit auch weiterhin ständig mit den Bedürfnissen der Stadtverwaltung ab.

Öffentlichkeitsarbeit:

Mein ganz persönlicher Dank gilt Herrn Kolbe und der Redaktion der Landeszeitung Lüneburg für die kompetente Berichterstattung über unsere Arbeit in mehreren Zeitungsartikeln.

Die Berichterstattung fördert das Verständnis für die Wichtigkeit unserer Arbeit und ermöglicht eine Außenwirkung, die uns weitere Unterstützung für die weiterhin notwendige Arbeit in der Hilfe für Menschen in Not bringt.

Planung nächster Hilfs-Transport Anfang Juni 2022:

Für den 5. Hilfstransport laufen die Vorbereitungen:

✓ Komplettierung Ausrüstung Sommercamp Flüchtlingskinder.

✓ 15 Paletten an Lebensmitteln sind bereits beim Handelshof Lüneburg bestellt und werden rechtzeitig zur Verfügung stehen. Herzlichen Dank an Herrn Schwindt und Herrn Brunke vom Handelshof für die jeweils liebevolle und kompetente Zusammenstellung der Waren im Einkauf und die Möglichkeit, alles zum Einkaufspreis zu beziehen.

✓ Op-Ausstattung, Narkosegerät usw.+ Narkose-Medikamente

vom HGZ Bad Bevensen (Chefarzt Dr. Nolte)

Liebe Freunde, das war jetzt viel zu lesen. Aber der ständig zunehmende Umfang unserer Transport-Berichte zeigt auch, dass der Umfang der geleisteten Arbeit ständig zunimmt.

Bisher konnten wir wertvolle Hilfe für die Menschen einer Stadt und die dorthin geflüchteten Menschen aus den benachbarten Kampfgebieten leisten. Freundschaften sind entstanden und Partnerschaften, deren Früchte über den Krieg hinaus Bestand haben werden.

Irgendwann werden es unsere Erinnerungen sein an die Zeit, wo wir Menschen in großer Not Hilfe leisten konnten – Hand in Hand und von Mensch zu Mensch. In diesem Sinne verbleibe ich mit Dank und besten Grüßen

Dr. Ralf-Peter Oelsner, (Operative Einsatz-Leitung LHU e.V. in der Ukraine)

P.S.: Wir brauchen dringend noch weitere Spenden ….